STRESSMANAGEMENT
Stressmanagement bei Fischen
Stress ist eine natürliche, physiologische Reaktion auf äußere Belastung, auch bei uns Menschen. Wir können "Krank vor Stress" werden. Doch auch Fische können dauerhaften Stress nicht gut verarbeiten. Er kann bei ihnen zur Beeinträchtigung notwendiger Körperfunktionen oder zu Erkrankungen führen. Häufig wird das Hormon Cortisol bei Fischen durch Stress hervorgerufen. Ausgelöst wird dies vorrangig durch falsche Besatzungsdichten, eine unzureichende Wasserqualität oder falsche Haltungsbedingungen. Der Endertrag wird durch falsches Stressmanagement für Fisch und Züchter dürftig ausfallen. Wenn wir von einem erfolgreichen Stressmanagement sprechen, sprechen wir von reduziertem Stress, welches durch die Einhaltung der Vorlieben des Zuchtfisches hervorgerufen wird. Dadurch wird das Tierwohl und die Gesundheit der Fische geschützt.
Eine dauerhafte Belastung der Fische kann durch eine Berücksichtigung der Bedürfnisse vermieden werden. Um eine Gefahr frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig handeln zu können, ist es von ausgesprochener Bedeutung darauf zu achten, dass sich die Reaktion auf Belastung bei Fischen in drei Phasen gliedert. Wir sprechen von der
- primären-,
- sekundären- und
- tertiären-
Stressantwort.
Abbildung 1: Stressantworten Fische
Sobald Fische eine Belastung wahrnehmen, zum Beispiel durch verunreinigtes Wasser, oder veränderte/ungewohnte Futtermittel, wird bei ihnen das Stresshormon Cortisol freigesetzt. Ab sofort heißt es für den Fisch: Flucht oder Kampf. Von hier an kann man langanhaltende Veränderungen der Fische beobachten. Diese können den Organismus im äußerlichen Erscheinungsbild oder in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Tiere, die unter der Ausschüttung von Cortisol leiden, verlangsamen drastisch ihr Wachstum oder stellen es gar ganz ein, Krankheiten breiten sich im Fischbestand aus, welche häufig provisorisch durch Antibiotika behandelt werden. Auch eine geringere Futteraufnahme oder die vermehrte Aggressivität der Fische kann durch das Hormon gefördert werden. Es wird von ihnen viel Energie genutzt, um ein inneres Gleichgewicht aufzubauen. Werden die Bedingungen nicht geändert, kann dies über einen längeren Zeitraum im Extremfall zum Tod der Organismen führen. Ein Züchter kann an Verhaltensauffälligkeiten feststellen, ob seine Zuchttiere unter Stress stehen. Zunächst werden häufig geringere Futteraufnahmen beobachtet. Die Tiere können das Futtermittel schlechter verwerten. Zudem zeichnen sich gestresste Fische auch durch ein verändertes Schwimmverhalten und eine gestörte Umgebungswahrnehmung aus. Dieses verringert sich auffällig oft, kann sich in Ausnahmefällen allerdings auch akut erhöhen.
Für ein suboptimales Stressmanagement der Fische sind häufig die Züchter selbst verantwortlich. Eine nicht artgerechte Haltung, Nichtbeachtung der Fischbedürfnisse und ein schlechtes Handling sind ausschlaggebende Faktoren. Vermehrt züchten Unternehmen verschiedene Arten gleichzeitig, um den Markt jederzeit und überall bedienen zu können. Dadurch kommt es zu Vernachlässigungen der Besatzdichte etc. Vorlieben der Fische differenzieren sich in den Arten, im Alter und in den Geschlechtern stark. Auswirkungen des Stresses bei Fischen sind teilweise alters- und geschlechtsspezifisch. Sie müssen für jede Art und jedes Altersstadium ermittelt und berücksichtigt werden, um einen gelungenen Ertrag zu erzielen.
Ein Faktor, der vielen Züchtern Probleme bereitet, ist die Haltungstemperatur. Durch eine kurzphasige Planung sind nicht ausreichend Kühlkapazitäten für kalt liebende Fischarten vorhanden; wärmeliebende Fische müssen in zu kaltem Wasser auskommen - das sorgt für chronischen Stress. Stress der häufig in der lebendigen Form des Fisches nicht rechtzeitig erkannt wird.
Beobachtet der Züchter seine Tiere nicht gut genug oder sind die Verhaltensmerkmale nicht besonders ausgeprägt, so erkennt man den Stress des Tieres erst auf dem Teller. Haben Sie schon einmal ein auffällig blasses Filet, mit einer relativ weichen Textur gegessen? - mit hoher Wahrscheinlichkeit ein dauerhaft gestresster Fisch. Akuter Stress wirkt sich häufig auf die physischen Eigenschaften des Filets aus. Die Flucht oder Kampf Reaktion, sowie der Energieeinsatz zum Aufbau des inneren Gleichgewichts stört den Energiehaushalt des Tieres. Dabei ist häufig der Anstieg von Lactat (Milchsäure; anaerober Glykolyse) zu beobachten. Dieser Anstieg führt häufig in Kombination mit der Senkung des pH-Werts zu einem veränderten Geschmack und einer verkürzten Haltbarkeit. Ein solches Filet verkauft sich nicht gut und bringt dem Züchter keinen Profit. Um diesen zu erhalten, muss ein Fischer dem Tierwohl nachkommen und die Bedürfnisse seiner Zuchttiere beachten. Ein gutes Stressmanagement reduziert die Krankheitsanfälligkeit und erhöht somit die Produktqualität und den Umsatz des Unternehmens. Für den Geschmack und die Haltbarkeit sollte demnach dem Verbraucher das Stressmanagement, Tierwohl und die Tiergesundheit am Herzen liegen. Um die Ausschüttung von Cortisol zu kontrollieren und minimieren wird fisch-spezifische Forschung betrieben. Fischer können sich diesen Forschungsergebnissen annehmen und entsprechend reagieren. So werden beim Heilbutt bodennahe Plattformen installiert, auf denen sich die Fische niederlassen können, um Stress abzubauen. Bei dem europäischen Aal hingegen, würden solche Plattformen nicht zum Stressabbau beitragen. Sie würden vielmehr den Platz wegnehmen, welche die Fische anderweitig nutzen könnten. Forschungen zeigten, dass sich diese Fischart zur Stressreduktion häufig in Höhlen oder Unterstände zurückzieht. Als praktische Umsetzung breitete sich der Einsatz von Röhren in der räumlichen Struktur aus.
Referenzen
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eigenes Wissen, durch Absolvierung mehrerer Lehrgänge im Fischereibereich (Fischereischein - 2017)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Stressantworten Fische