ÜBERFISCHUNG DER MEERE

Weggefischt und aufgetischt


Fisch ist für knapp 1,2 Milliarden Menschen Hauptbestandteil der Nahrung. Rund 14 kg Fisch isst jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr. Tendenz steigend. Das bedeutet auch, dass mehr Fisch gefangen werden muss. Eine Problematik, die bislang keinen Ausweg fand.

Derweil leben etwa 7 Milliarden Menschen, auf 30 Prozent der Weltoberfläche. Alle sind abhängig von den restlichen 70 Prozent - dem Meer. Lange Zeit galt das Meer als unerschöpfliche Nahrungsquelle. Fisch wurde im Übermaß gefangen, ohne sich den Konsequenzen bewusst zu sein. Noch heute ist der übermäßige Fang allgegenwärtig: Es wird mehr Fisch gefangen, als auf natürlichem Wege nachkommen kann. Immer öfter kehren Fischer mit leeren Netzen an Land zurück. Die Meere sind erschöpft. Damit sich die Fischbestände wieder erholen können und das Ökosystem Meer ihre faszinierende Artenvielfalt aufrechterhalten kann, benötigt es ein nachhaltiges Fischerei-Management und vor allem: Ihre Hilfe!

Der weltweite Hunger auf Fisch steigt. Eine von Schülern des Alfred-Wegener-Instituts im Jahr 2020 durchgeführte Umfrage ergab, dass auch schon jüngere Personen (15-20 Jahre) viel und vor allem relativ regelmäßig Fisch konsumieren. 


"Wie häufig konsumieren Sie Fisch?"

                 Diagramm 1: 15-20-Jährige (AWI Umfrage 2020)                                             Diagramm 2: Über 50-Jährige (AWI Umfrage 2020)


Schließlich ist er gesund und viele finden ihn auch lecker. Das bestätigt sich besonders bei über 50-jährigen, der Umfrageteilnehmer. Besonders beliebt ist es hier, Fisch mindestens einmal die Woche zu konsumieren, während die jüngere Generation mindestens einmal im Monat zu den Meerestieren greift. Doch tatsächlich achtet die Mehrheit gar nicht auf den Gesundheitseffekt, welcher mit dem Fischkonsum einhergeht. Das bestätigt eine weitere Umfrage des Alfred-Wegener-Instituts (2020). Im Norden liegt den Käufern (nach eigenen Angaben) besonders Preis und Tierwohl am Herzen. 

Beim Kauf von Meerestieren achte ich besonders auf...

                           

                                                                     Diagramm 3: Ergebnisse im Kreisdiagramm (Außen "Nein", Innen "Ja")

Doch wie steht es mit dem Tierwohl bei offensichtlicher Überfischung der Meere? Noch heute ist die Illusion der unerschöpflichen Unterwasserwelt weit verbreitet. Doch tatsächlich klären Zahlen dieses Unwissen auf: Heute gelten rund 30 Prozent aller kommerziell genutzten Fischbestände als Überfischt. Weitere 60 Prozent als maximal genutzt. Damit bleiben im gesamten Lebensraum Meer lediglich 10 Prozent der Fischbestände, die wir als unterfischt bezeichnen können. Das bedeutet, dass sich diese Arten (innerhalb der 10 Prozent) trotz der Fischerei ungestört fortpflanzen können. Ihre Bestände sind nicht langfristig gefährdet. Eine Messlatte, die für nahezu 100 Prozent der weltweiten Fischbestände gelten sollte? Die Nachfrage vom Markt ist dafür allerdings zu hoch. Auch wir Deutschen konsumieren jährlich nur knapp unterhalb des weltweiten Durchschnittswertes. Ob tiefgefroren, frisch oder bereits verarbeitet - das Kaufverhalten dessen gleicht sich in etwa aus (Umfrage AWI 2020).

Ich kaufe/bevorzuge Meeresfrüchte...

                             

                                                               Diagramm 4: Prozentuale Angaben - Balkendiagramm (2020)

Neben der hohen Nachfrage und dem tatsächlichen Verzehr von Fisch entscheidet auch der Beifang über die Reduzierung unserer Fischbestände. Beifang ist zufällig gefangener Fisch, der nicht das Fangziel darstellt, jedoch für hohe Fangmengen der eigentlich gewollten Fischart in Kauf genommen wird. Die Problematik liegt hierbei in der Verwendung des Beifangs, denn diese existiert häufig gar nicht. Der zufällig mitgefangene Fisch gelangt meist noch auf hoher See zurück ins Meer - allerdings tot. Die Tötung und Verarbeitung der Fische wird meist direkt an Bord vorgenommen. Dabei erfolgt in den wenigsten Fällen eine Unterscheidung zwischen Beifang und gewollter Fischart. Erst im Nachhinein werden die unerwünschten Fische aussortiert und ins Meer zurückgeworfen. Dass Beifang als Abfall zurück ins Meer gelangt, soll sich jetzt ändern, doch eine Überprüfung dessen, auf hoher See, gestaltet sich noch schwierig.

Die Vorstellung in den kommenden Jahren ohne Fisch auskommen zu müssen, rückt immer näher und ist Ursache tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen und Konflikten, sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene. Aber auch für die Bewohner der Meere gilt die weltweite Überfischung als eine der größten Bedrohungen. Häufig zerstören Schleppnetze die Böden der Tiefsee. Doch das ist nicht das einzige Problem der verbreitetsten Fangmethode. Vermehrt kommt es dazu, dass die Maschen der Netze zu eng sind, um für den Fang genutzt zu werden. In den Netzen bleiben auch Jungtiere hängen, die im schlimmsten Falle nicht einmal Geschlechtsreif sind und sich zuvor nicht vermehrt haben - der Bestand dieser Art sinkt drastisch!

Fischereibiologen, wie Dr. Christoph Zimmermann (Thünen-Institut für Ostseefischerei) geben zu bedenken, dass die momentane Situation jedoch häufig überdramatisiert wird. Derweil gelten 70 Prozent der Fischbestände als maximal genutzt und teils sogar unterfischt. "Die maximal genutzten Bestände sind unser Wunschzustand. Für den menschlichen Konsum wird möglichst viel dieser wertvollen Ressource genutzt, ohne die Bestände langfristig in Gefahr zu bringen."

Ist dies trotzdem nicht zu vermeiden und die Bestände sinken, so werden die betroffenen Arten (sofern möglich) in Aquakulturen wieder aufgebaut. Besonders beliebt bei Konsumenten aus dem Norden sind Lachs und Forelle (Umfrage AWI 2020). Diese beiden Arten sind die in Aquakulturen am meisten gezüchteten Meeresbewohner. 


                    

                                                                         Diagramm 5: Plakat-Umfrage (2020)


Durch hohe Nachfrage am Markt benötigt es ein hohes Angebot. Daraus resultieren hohe Fangmengen der gewünschten Arten. Ausgesprochen häufig wird Lachs konsumiert - heute bereits eine gefährdete Art. Dieses Verhalten schadet der Tiefsee mehr als lange Zeit vermutet. Wissenschaftler bestätigen, dass nicht nur die gefischten Arten Schaden nehmen. Das Ökosystem Meer wird nachhaltig geschädigt. Durch das weit verbreitete Prinzip "Fishing down the food web", wird von den Fischern gezielt die Nahrungskette ins Auge gefasst. Mit dieser Taktik wird das bestehende Nahrungsnetz von oben nach unten abgefischt. Wurde eine Art überfischt, so wird von den Fischern die nächste Art der Nahrungskette angepeilt. Die Problematik findet sich häufig im fehlerhaften Denken der Fischer. Eine Nahrungskette existiert im Ökosystem Meer nahezu gar nicht. Wir sprechen von ganzen Nahrungsnetzen. Doch fällt hier eine Art durch Überfischung raus, so sind dutzende weitere Arten schwerwiegend betroffen und minimieren sich ebenfalls in ihrem Bestand. Folglich rufen wir eine Dezimierung der weltweiten Fischbestände hervor, die nie bei uns auf dem Teller landen. Neben der angesprochenen hohen Nachfrage nach Lachs, gilt auch die Forelle als auffallend beliebt. Durch die Züchtung dieser Art in Aquakulturen hält sich dieser Bestand jedoch als ungefährdet.

Gut die Hälfte aller Fische, die bei uns auf dem Teller landen, wurden in Aquakulturen gezüchtet. Aquakulturen sind im Wasser erbaute Fischfarmen, welche durch kontrollierte Fischzucht die natürlichen Bestände der Meere entlasten sollen. Das Problem des Beifangs wird durch Aquakulturen reduziert - ein riesen Fortschritt. Doch helfen Aquakulturen wirklich dabei, die erschöpften Fischbestände wieder aufzubauen? Zumindest wird die kontrollierte Fischaufzucht immer mehr als die Lösung dargestellt.

Knapp 90 Prozent der gesamten Aquakulturproduktion stammen Schätzungen nach aus Asien. Das gab die Welternährungsorganisation im Jahr 2017 bekannt. Ein häufig unaufgeklärtes Problem: Die gezüchteten Arten sind meist karnivore (fleischfressende) Fischarten. Auf ihrem Speiseplan steht Fisch. Für die Herstellung von einem Kilogramm Forelle werden in etwa 2,5 bis 5 kg Wildfisch verfüttert. In dieser Art der Aquakultur wird eine Fischart in eine andere umgewandelt, sie entlastet die bedrohten Weltmeere jedoch keineswegs.

Für den Bau mancher Fischfarmen werden Mangrovenwälder zerstört, die häufig als Kinderstube für Kleinfische dienen. Auch Säugetieren finden in den dicht bewachsenen Mangrovenwäldern ihren Lebensraum. Sturmflutwellen, Tsunamis und die natürliche Küstenerosion werden durch die Mangroven reduziert. Doch nicht nur das - Mangroven sind echte Umweltretter. Sie sind einer der größten CO2-Speicher der Welt. Ihre Abholzung zum Bau von Aquakulturen schädigt das Ökosystem Meer also weiterhin nachhaltig. Weniger Mangroven bedeutet eine höhere CO2-Konzentration in der Luft. Besonders im Ökosystem Meer richtet CO2 in Verbindung mit Wasser drastische Schäden an. Die entstandene Kohlensäure versauert das Meer. Wird die Überfischung durch Aquakulturen an Mangroven Plätzen kurzzeitig heruntergefahren, so erfährt die Tiefsee langzeitige Schäden, die einen ähnlichen Effekt haben, wie die Überfischung der Meere. Dazu sei gesagt, dass nicht alle Aquakulturen einen negativen Einfluss auf die Fischbestände und das gesamte Ökosystem nehmen. Die genannten Beispiele verdeutlichen jedoch - Es ist Zeit zu handeln, auch für Sie als Konsument!

Die Problematik der Überfischung sollte durch die genannten Aspekte einleuchtend wirken. Was genau können Sie als Konsument dazu beitragen, dass es auch in 30 Jahren noch genügend Fisch gibt und das Meer ihre faszinierende Artenvielfalt behält?

Die vom Alfred-Wegener-Institut durchgeführte Umfrage gibt Auskunft darüber, dass besonders junge Menschen natürliche Produkte bevorzugen. Doch fast genauso oft fehlt die Information, wo der Fisch überhaupt herkommt. Ist er nun gezüchtet oder aus Wildfang? In den aufsteigenden Altersgruppen sind hier kaum Unterschiede bemerkbar. Fakt bleibt, dass Fische aus dem Wildfang Favorit bei uns Deutschen im Norden sind. Der annäherungsweise gleichen Menge an Personen fehlt die Aufklärung über die Herkunft der gekauften Meeresprodukte. Den Schülern, welche die Umfrage durchführten, kamen Fragen zu Ohren wie: Muss ich nun von Wildfang auf gezüchteten Fisch umsteigen? Wie kann ich mich über die Herkunft erkundigen? - Dr. Christoph Zimmermann klärt auf:

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich über die aktuellen Fischbestände der gewünschten Art, oder auch deren Fangmethode zu ermitteln. "Ich würde erstmal den Fischhändler meines Vertrauens intensiv befragen [...]", erklärt Dr. Zimmermann. Dazu muss sich der Verbraucher jedoch in der Szene gewissermaßen auskennen, um eine Grenze zwischen gut und schlecht ziehen zu können. Der einfachere Weg für den Verbraucher ist es, auf Ökosiegel zu vertrauen. Auch hier finden sich laut Dr. Zimmermann, bessere und schlechtere Siegel. Nichtsdestotrotz tragen gelabelte Waren zum nachhaltigen Erhalt des vielfältigen Lebensraums Meer bei. Diese finden sich sowohl im Bereich des Wildfangs als auch bei gezüchteten Tieren.

Christoph Zimmermann hebt hervor, dass es sehr viel Hoffnung für den Lebensraum Meer gibt. "Wenn die Politik, welche die Regelung der Fischbestände in der Hand hat, die Überfischung beenden wollte, dann wäre das relativ schnell, in den allermeisten Meeresgebieten, zu bewerkstelligen." Resultierend daraus ergibt sich eine höhere Artenvielfalt und damit höhere Fischbestände. Die Problematik der leeren Netze bei Fischern würde somit (vorübergehend) gelöst werden.



Referenzen

Andrzej Jurczak, F. K. (kein Datum). WWF. (W. Australien, Herausgeber, & A. Jurczak, Produzent) Abgerufen am 14. März 2020 von https://www.fishforward.eu/de/project/ueberfischung-eine-tatsache-in-zahlen/

Deutschland, W. (Hrsg.). (17. September 2018). WWF Deutschland . Abgerufen am 14. März 2020 von https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung/

Haase, J. (kein Datum). Greenpeace. Abgerufen am 15. März 2020 von https://www.greenpeace.de/themen/meere/ueberfischung

Hanano, R. (Januar Ersterscheinung 2010, letzte Aktualisierung 2019). RESET. (RESET-Redaktion, Herausgeber, & T. Jans, Produzent) Abgerufen am 14. März 2020 von https://reset.org/knowledge/ueberfischung-der-meere

Meißner, J. (9. August 2018). Planet-Wissen. Abgerufen am 16. März 2020 von https://www.planet-wissen.de/natur/meer/ueberfischung_der_meere/fischerei-reform-100.html

Paeger, J. (kein Datum). Ökosystem-Erde. Abgerufen am 16. März 2020 von https://www.oekosystem-erde.de/index.html

Reichert, V. R. (24. Juli 2019). Planet Wissen. Abgerufen am 14. März 2020 von https://www.planet-wissen.de/natur/meer/ueberfischung_der_meere/index.html

Schulz, S. C. (2. März 2020). Utopia. Abgerufen am 15. März 2020 von https://utopia.de/ratgeber/ueberfischung-der-meere-gruende-und-auswirkungen/

Streckenbach, U. H. (Produzent), & Streckenbach, U. H. (Regisseur). (2012). Warum wir die Überfischung der Meere unbedingt stoppen müssen [YouTube-Video]. Abgerufen am 14. März 2020 von https://www.youtube.com/watch?v=3KPUlMzFRks

Tagesschau (Regisseur). (2017). Leere Meere - Wie bedroht sind Fischbestände? [Fernsehnachrichten]. Deutschland. Abgerufen am 15. April 2020 von https://www.youtube.com/watch?v=yfMBmgQ5Rk0

Weber, Y. (kein Datum). BUND - Friends of the Earth Germany . Abgerufen am 15. März 2020 von https://www.bund.net/meere/belastungen/fischerei/ueberfischung/ 

Abbildungsverzeichnis

Diagramm 1: 15-20-Jährige (Umfrage 2020)

Diagramm 2: Über 50-Jährige (Umfrage 2020)

Diagramm 3: Ergebnisse im Kreisdiagramm (Außen "Nein", Innen "Ja")

Diagramm 4: Prozentuale Angaben - Balkendiagramm (2020)

Diagramm 5: Plakat-Umfrage (2020)

first page Swimming fish
© 2020 Worlds Collide. Alle Rechte vorbehalten.
Unterstützt von Webnode
Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s